Die Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) des Verkehrssektors sollen bis zum Jahr 2030 auf 85 Millionen Tonnen sinken. Bis zum Jahr 2045 muss der Verkehrssektor klimaneutral sein. Doch nach wie vor ist der Klimaschutzbeitrag des Verkehrssektors unzureichend. Die Herausforderungen sind gewaltig und nur mit einer ambitionierten Klimapolitik im Verkehr kann die Wende gelingen, die THG-Emissionen des Verkehrs rasch zu senken. Gleichzeitig muss das ohne politische Lenkung wachsende Verkehrsaufkommen nachhaltig gestaltet werden – durch alternative Antriebe, vernetzte Mobilitätsangebote, gemeinsame Nutzung wie beim Carsharing und eine höhere Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel sowie des Fuß- und Radverkehrs.
Klimaschutz im Verkehr: vermeiden, verlagern und verbessern
Der Verkehr verursacht rund 20 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland – vor allem durch Pkw und Lkw. Bisher konnte der Verkehrssektor seine THG-Emissionen kaum reduzieren. 2024 betrugen diese knapp 143 Millionen Tonnen. Um diese THG-Emissionen rasch zu senken, müssen zeitnah Maßnahmen ergriffen werden.
Unterschiedliche Strategien können helfen, die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen. Verkehrsforschung und Verkehrspolitik verfolgen dabei Ideen, die sich meist den drei Strategien zuordnen lassen:
- Weniger Verkehr erzeugen (VERMEIDEN),
- auf klimafreundliche Verkehrsmittel umsteigen (VERLAGERN) und
- Verkehrsmittel umwelt- und klimafreundlicher machen (VERBESSERN).
Theoretisch können vielfältige Kombinationen aus Ideen und Strategien helfen, den Verkehr klimaneutral und nachhaltig zu gestalten. Für die Praxis ist aber wichtig: Die Zeit ist knapp. Nicht jede Idee kann ihren vermeintlichen Klimavorteil einlösen, nicht jede Idee ist sozial gerecht, nicht jede Idee kann sich im Markt durchsetzen.
In der Politik werden unterschiedliche Maßnahmen diskutiert. Häufig gibt es dabei mehr Optionen als jene, die durch die Medien die breite Bevölkerung erreichen. Bei der VERLAGERUNG im Verkehr sind sich Forschung und Politik weitestgehend einig darin, dass im Personenverkehr die Anteile des öffentlichen Verkehrs, also Bus und Bahn, und der Fuß- und Radmobilität steigen sollen. Im Güterverkehr ist eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene und das Binnenschiff für das Klima sinnvoll.
Bei der Verbesserung im Verkehr ist die Elektrifizierung der Verkehrsmittel wesentlich – im Umstieg auf batterieelektrische Fahrzeuge liegt ein besonders großes Klimaschutzpotenzial. Aus Sicht der Forschung ist die VERMEIDUNG von klimaschädlichem Verkehr sehr wichtig für den Klima- und Umweltschutz. Hier spielt die Raumplanung – also die Art wie unsere Orte und Städte aufgebaut sind – eine zentrale Rolle. Ein Beispiel ist die Stadt der kurzen Wege – ein Leitbild der Stadtplanung, in der räumliche Distanzen zwischen Wohnort, Arbeit und Dienstleistungen gering sind. Auch digitale Lösungen wie Homeoffice, Mobilitätsmanagement durch beispielsweise Fahrgemeinschaften und Verhaltensänderungen wie kürzere Urlaubsreisen oder Wohnortwahl können wichtige Stellschrauben sein. Bisher setzt die Politik kaum Anreize zur Verkehrsvermeidung.
Klimapolitik im Verkehr: Instrumentenmix
Gute Klimapolitik im Verkehr bedeutet, dass ein gut aufeinander abgestimmter Mix aus Maßnahmen die Elektrifizierung beschleunigt sowie eine Verlagerung und Vermeidung von Verkehren anreizt und ermöglicht. Dazu zählt das Ordnungsrecht, das etwa Fahrzeugherstellern Vorgaben zum CO2-Ausstoß ihrer neuen Fahrzeuge macht, die Festlegung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder der Einsatz von erneuerbaren Kraftstoffen. Dazu zählen auch finanzielle Maßnahmen, die sowohl klimaverträgliche Verkehrsmittel begünstigen als auch klimaschädliche verteuern. Dies ist besonders wichtig für den Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs. Außerdem braucht es Infrastruktur-Investitionen, um den Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsträger erst zu ermöglichen. Zentral bleibt die Frage: Wie können diese Maßnahmen finanziert und zügig umgesetzt werden?
Elektromobilität als Schlüsseltechnologie
Elektromobilität ist eine wichtige Option und die Potenziale sind groß. Auch wenn die Veränderung des Antriebs nicht alle Umweltprobleme des Verkehrssektors löst: Elektromobilität ist der richtige Weg. Denn Elektrofahrzeuge sind deutlich energieeffizienter als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und weisen daher auch beim heutigen Strommix bereits einen deutlichen Klimavorteil auf. Dieser Vorteil wird mit dem Fortschreiten der Energiewende weiter steigen.
Allerdings dürfen die speziellen Herausforderungen der Elektromobilität nicht aus dem Auge verloren werden. Die benötigten Rohstoffe für die Batterien und Elektromotoren sind zwar ausreichend vorhanden, auch für ein weltweites Wachstum der Elektromobilität. Allerdings bestehen vor allem für die notwendigen Zwischenprodukte und Komponenten vielfach sehr starke Abhängigkeiten von einzelnen Lieferländern. Diese müssen nach EU-Strategien in den nächsten Jahren verringert werden. Bei der Förderung der Rohstoffe selbst müssen die damit verbundenen Umwelt- und Sozialprobleme berücksichtigt und Verbesserungen der Standards ständig eingefordert werden.
Bei den Rohstoffen dominieren die Pkw den zukünftigen Bedarf im Vergleich zu den Lkw. Dies gilt für das benötigte Lithium ebenso wie für weitere Schlüsselrohstoffe der Antriebsbatterien sowie für Permanentmagnete und Seltene Erden für die Elektromotoren. Die benötigten Rohstoffe für die Herstellung der Ladeinfrastruktur, Umspannwerke sowie Erneuerbare-Energien-Anlagen sind im Vergleich zu den Rohstoffen für Fahrzeugkomponenten wie Lithium-Ionen-Batterien, Elektromotoren und Brennstoffzellen zwar nicht marginal, aber insgesamt von geringerer Relevanz.
Sowohl für die steigende Rohstoffnachfrage als auch für ein durchdachtes Recycling der Elektroautos müssen Lösungskonzepte entworfen werden. Das Recycling spielt hier eine zentrale Rolle: Bei konsequenter Umsetzung der EU-Batterieverordnung könnten nach Szenarien des Öko-Instituts im Jahr 2040 rund 27 Prozent des Lithium- und sogar 45 Prozent des Kobaltbedarfs durch das Batterierecycling gedeckt werden.
E-mobilität im Straßengüterverkehr
Der Straßengüterverkehr stellt nach dem Pkw-Verkehr weltweit den zweitwichtigsten Verursacher von CO2-Emissionen im Verkehrssektor dar. Noch dominieren Diesel-Lkw. Zahlreiche wissenschaftliche Analysen, aber auch Entwicklungsaktivitäten der Hersteller und deren Prognosen legen aber nahe, dass der batterieelektrische Antrieb auch bei schweren Nutzfahrzeugen die zentrale Technologie für die Dekarbonisierung des Güterverkehrs sein wird. Der schnelle Aufbau einer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur ist dafür eine zentrale Herausforderung.
Die Zukunft von Luft- und Seeverkehr
Die klimaschädlichen Emissionen im internationalen Luft- und Seeverkehr steigen seit vielen Jahren. Bis heute fehlen wirkungsvolle Mechanismen, sie einzudämmen. Zwar ist der Luftverkehr auf europäischer Ebene durch den Emissionshandel und die ReFuelEU Aviation Verordnung sowie auf internationaler Ebene durch das CORSIA-System der internationalen Luftfahrtorganisation ICAO reguliert, doch zu einer ambitionierten Minderung der Treibhausgasemissionen hat das bislang nicht geführt. Auch das Seeverkehrsaufkommen wächst durch den steigenden Welthandel immer weiter an, sodass ohne politische Regulierung zu erwarten ist, dass sich die Treibhausgasemissionen der EU aus dem Seeverkehr bis 2050 im Vergleich zu 2010 verdoppeln.
Ein Umstieg auf batterie- beziehungsweise brennstoffzellenbetriebene Flugzeuge oder Schiffe wird aus heutiger Sicht nur ein kleines Segment bedienen können. Kernelement einer Energiewende im Luft- und Seeverkehr ist daher aktuell der Umstieg auf synthetische oder nachhaltige biobasierte Kraftstoffe wie Ammoniak, Methanol oder synthetisches Kerosin. Zudem kommt es auf Effizienztechnologien, Routenwahl und Geschwindigkeit und vor allem auch die Vermeidung von Flügen und Schiffsbewegungen an. Neben dem Antriebs- und Kraftstoffwechsel sind auch Energieeffizienzmaßnahmen und die Vermeidung von Flügen und Schiffsbewegungen wichtig.
Die Gesellschaft aktiv einbinden
Eine nachhaltige und langfristig gedachte Mobilitätswende muss über den alleinigen Einsatz innovativer Technologien hinausgehen. Sie erfordert den Einsatz und die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft mit der Zivilgesellschaft. Hierfür setzt sich die transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung ein. Bürger*innen werden zu Alltagsexperten und leisten durch aktive Planung und Umsetzung von Pilotprojekten in ihrem direkten Wohnumfeld einen Beitrag für eine nachhaltigere Welt.
Auf ökologischer Seite können so beispielsweise ein Modal Shift – also die Verlagerung von Verkehr auf weniger CO2-intensive Verkehrsträger – und CO2-Einsparungen durch Mobilitätsangebote wie Car- oder Lastenrad-Sharing erreicht werden. Auf sozialer Ebene gehören die Stärkung bürgerschaftlichen Austauschs und eine höhere Aufenthaltsqualität durch Maßnahmen der Innenstadtbelebung zu den daraus resultierenden positiven Nachhaltigkeitswirkungen. Insbesondere die Erprobungsräume können durch das aktive Erleben und Testen zum Einstellungs- wie auch Verhaltenswandel in der breiten Bevölkerung beitragen. Daneben sind kommunale Akteur*innen der Stadtplanung, Nachhaltigkeit und Statistik gefragt, die durch eine fundierte Nachhaltigkeitsberichtserstattung Akzente in ihrer Öffentlichkeitsarbeit setzen, lokale Bedarfe einer gelingenden Mobilitätswende so aber auch noch transparenter in Richtung Landes- und Bundesebenen spielen können.
Weitere Informationen
- Themenschwerpunkt „Mobilitätswende“ beim Öko-Institut
- Publikationen im Rahmen des Projekts StratES - Szenarien für die Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs (2025)
- Evaluation von Wirkungen und Prozessen in den MobiQ-Reallaboren: Vorgehen und Erkenntnisse (2024)
- MobiQ-Handbuch: Mobilität gemeinsam gestalten. In 10 Schritten (2024)
- Unternehmensmobilität nachhaltig gestalten Handlungsempfehlungen für mehr Klimaschutz und Effizienz im Flottenmanagement und auf Arbeitswegen (2023)
- Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität: Befragungsergebnisse Themenfeld Ladeinfrastruktur am Wohnort (2023)
- RE-SOURCING: Roadmap for Responsible Sourcing of Raw Materials until 2050 – Mobility Sector (2022)
- Policy Brief “Green technologies and critical raw materials” (2021)
- Study “Resource consumption of the passenger vehicle sector in Germany until 2035 – the impact of different drive systems” (2021)
- Blogserie VerkehrswendeMythen (2020/2021)
- Broschüre "Klimafreundlich, effizient, smart? Antworten zur Elektromobilität" (2. Aufl., 2020)
- Synthesepapier" Strategien für die nachhaltige Rohstoffversorgung der Elektromobilität" (2017)